I did it – von Nara über die Eroica Japan nach Funabashi (wer kennt es nicht? 😉 Da wurde es dunkel und daher bin ich dort in den Zug gestiegen): Neun Tage im Sattel, 652 km, 6.050 Höhenmeter, volle Kirschblüte und einfach nur meeeega. Das Beitragsbild oben kann es nur andeuten – es war wirklich episch.

Die weiteren hard facts: Angekommen/gelandet bin ich in Narita, also östlich von Tokio. Für meine erste Etappe wählte ich den Nahverkehrszug zum Hauptbahnhof Tokio, dort den Shinkansen nach Kyoto und von wiederum dort einen weiteren Nahverkehrszug nach Nara. Erst ab da ging’s in den Sattel. Was terminlich leider nicht geklappt hat, war der vorab vereinbarte Austausch mit Takashi Kuwahara in Nara. Genau von dem wollte ich Euch, den Kuwahara-Aficionados, ja berichten. Hmm, in dieser Mission muss ich Japan wohl ein weiteres Mal mit dem Rad bereisen. 😉
Die Strecke
Fahrradtourismus mit einem ausgeschilderten Wegenetz gibt’s in Japan nur vereinzelt. Man ist also im Wesentlichen auf sich gestellt. Aaaber ein paar gute Hinweise zur Tourplanung finden sich bei … Kuwahara unter https://www.kuwahara-bike.com/blog-1 sowie unter https://japanese-odyssey.com/. Diese beiden Quellen konsultierend habe ich meine Tour in Grundzügen vorab mit komoot geplant und mich auf der Strecke von einem Wahoo Elemnt Bolt (einen V2, also nicht das neueste Modell, für mich aber gleichwohl neu) navigieren lassen. Teilweise bin ich dann die Pacific Cycling Route gefahren, die aber immer wieder auch mal plötzlich „verschwunden“ war oder in einem Fall sogar alternativlos in einem zweispurigen, unbeleuchteten, laaangen und vielbefahrenen 60er-Jahre Auto-Tunnel endete. Konkret unschön, aber alles Abenteuer. Beziehungsweise für mich war sowieso absolut jede Straßen-/Streckensituation faszinierend und ich konnte mich kaum daran satt sehen und satt erleben. Und das eben alles in dem Setting, dass alles um mich herum geblüht hat. Es war also nicht nur die Kirschblüte, deren in etwa einwöchige Hochzeit ich mit dieser Reise wirklich exakt (und eigentlich unbeabsichtigt) getroffen habe. Im Folgenden ein paar Impressionen (bitte klicken für eine Großansicht):
Die Eroica Japan
Auf dieser oben kartografierten und bebilderten Strecke habe ich die jährlich auf der Halbinsel Izu stattfindende Eroica Japan integrieren können. Vielleicht ist dieser Begriff nicht jedem/jeder Mitleser/in präsent, daher hier eine kurze Verortung: Die Eroica ist eine der wichtigsten Radsportveranstaltungen in Italien. Sie startet eigentlich in Gaiole in der Toskana und wurde 1997 von Giancarlo Brocci – Journalist, Schriftsteller und Organisator von Sportveranstaltungen – ins Leben gerufen. Sie findet jedes Jahr im Oktober statt und wurde – soweit ich weiß – zuletzt begrenzt, um unter 10.000 (!!) Teilnehmer zu bleiben. Neben den einzigartigen Landschaften und den „strade bianche“, den weißen Schotterstraßen rund um Siena, ist das Besondere an der Veranstaltung, dass sie zwingend auf alten Vintage-Fahrrädern gefahren wird. Dieses Konzept und die Stimmung wird (auf dem Stand von 2019) sehr schön in dem Beitrag „Schmidt Max radelt die Eroica“ eingefangen.
Der Erfolg dieser Veranstaltung hat daraus ein skalierbares Produkt gemacht, das in Untergruppierungen und auch andere Veranstaltungsorte diversifizierte. Unter anderem fand eben auch der Export nach Japan statt, wo in diesem Jahr bereits beinahe das Dutzend voll gemacht und damit die 11. Eroica Japan abgehalten wurde. Alle Infos dazu unter https://eroica.cc/en/japan; das dupliziere ich hier also nicht. Nur so viel: Ich war am 12. April bei bestem Fahrradwetter auf der kleinen Runde über 80 km am Start (bei der waren alle Fahrräder erlaubt). Mit etwa 75 Mitfahrern, die allermeisten Locals. Die „richtige“ und wirklich sehr anspruchsvolle Samurai- sowie Odoriko-Runde am 13. April musste wegen sehr schlechten Wetterprognosen abgesagt werden. Ersatzweise wurde dafür ebenfalls nur meine kleine Runde des Vortages gefahren.
Inzwischen gibt es auch offizielle Bilder unter https://eroica.cc/en/japan/2025-photo-gallery. Etwa zur Hälfte mit schönem Wetter. Ihr kennt den Hintergrund. 😉
Die Anreise nach Japan
Zum eventuellen Nachfahren hier ein wenig Wissensmanagement: Ich bin mit Qatar Airways von München mit Stopover in Doha geflogen. Dieser Carrier bietet standardmäßig bis zu 30 kg Aufgabegepäck bei maximal 300 cm Kantenlänge dieses einen Gepäckstücks. Beide Restriktionen unproblematisch für einen üblichen Fahrradkarton. Meiner hatte 148 x 24 x 82 cm bei einem Gewicht von ca. 23 kg. Und der Transport desselbigen hat dann auch überall geklappt und war gut zu handeln.
Die Vorbereitung/das Packen
Mein Checkpoint ALR-5 hat als Update zur vierten Iteration im Vorfeld zu meiner bislang spannendsten Tour ever eine neue Kette bekommen (die erste war nach einem Jahr durch). Und mit der neuen Kette (eine SRAM XX1 in oilslick) gab’s auch gleich den Systemwechsel auf Wachs. Konkret Heißwachs von Silca. Mal schauen, ob die bessere Kette und gewachst dann auch eine höhere Kilometerleistung erlauben wird. Außerdem hielt der filigrane Drust-Lampenhalter bereits vorab den Anforderungen ans Fahren mit Gepäck nicht stand. Mit Gepäckträger/Tasche war das Rücklicht an dieser eleganten Befestigung zu tief und damit verdeckt. Der wurde also wieder abmontiert. Aber das waren in Summe auch schon die Änderungen am Rad.
Zu den Tools: Überraschung – alles folgte dem Diktat des Gewichts. Daher dokumentiere ich für Euch, was ich „dennoch“ mitgeschleppt habe. Vielleicht hat auch das einen Nutzwert für Euch.
Gebraucht habe ich davon – neben den Riegeln, den Gels etc. – nach 400 km das Kettenwachs, ganz selten das Schloss (Diebstahl ist in Japan nicht das Thema) und den Drehmomentschlüssel, weil ich mein Checkpoint teilzerlegt im Flugzeug hatte (Lenker, Pedale, Sattel und Vorderrad weg) und für den Transport im Zug zumindest das Vorderrad entfernen musste. Was ich mir unterwegs leihen musste: Einen 3er Inbus, um die Bremsbeläge nachzustellen. Ansonsten konnte ich aber ohne jede Prüfung meiner Fahrradmechaniker-Qualitäten diese Tour durchführen. Glück gehabt!
Das Fazit
Zur Technik: Das Rad/der Aufbau war ideal für diese Tour. Steckachsen sind definitiv die besseren Schnellspanner, die Lichtanlage war klasse, weil ich sie auch gebraucht habe und „problemlos“ viel Licht zu haben ein guter Punkt ist, das Quickrack, sodass ich für die Eroica ohne wirklichen „Umbau“ den Gepäckträger und das Schutzblech entfernen konnte, der Tria-Aufbau am gefederten Vorbau, der auch bei reichlich Gegenwind über Distanzen hinweg geholfen hat und die Scheibenbremsen sowie die Dropper Post, die mir bei bisweilen wirklich sehr steilen Abfahrten ein besseres Gefühl im dann tieferen Sattel gegeben haben. Mit dem ursprünglich geplanten X-Pacer als „Ausgangsmaterial“ wäre das zugegebenermaßen alles nicht so perfekt gelaufen.
Sonstige Ausrüstung: Weniger ist unterwegs wirklich sehr viel mehr. Ich war heilfroh, so wenig Gepäck mitgenommen zu haben (der „Mut“ für wenig Ballast hat sich also voll ausgezahlt). Das war das Learning aus der Testfahrt im März (s. Vierte Iteration).
Zu Japan: Wahnsinnig interessant. Fantastisches Essen, zurückhaltende, ruhige Stimmung, überraschend wenig englisch-sprachige Kontaktmöglichkeiten, aber viel Freundlichkeit, um diese Barriere zu überwinden, eine besondere Bescheidenheit gepaart mit einem Respekt für das Gegenüber neben irgendwie auch völliger Verrücktheit. Viele Stereotypen haben sich mir subjektiv als wahr dargestellt, andere wieder überhaupt nicht. Zumindest die Stimmung des Kinoklassikers „Lost in translation“ habe ich durchaus spüren können.
Gesamtfazit: Insgesamt war die Tour in jeder Sekunde ein großes Abenteuer für mich, aber es war vor allem einfach nur ein Traum. Von dem ich mit Sicherheit sehr sehr lange zehren werde. Uuuunbedingt nachradeln!! (und ich lese in den Kommentaren gerne eine Bestätigung von Jemand von Euch, der diesem Aufruf nachgekommen ist)
Wie geht’s für mich weiter? Nach der japanischen Kopie soll es in Kürze das italienische Original geben: In den Pfingstferien rückt fahrradtouristisch die Toskana wieder in meinen Fokus. Und dort wird bestimmt die strade bianche der Eroica-Strecke gekreuzt.